Abstract

Der Fachkräftemangel bedroht unseren Wohlstand

Prof. Dr. Michael Sauer, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

Die Statistiken, welche den Fachkräftemangel für zahlreiche Branchen in Deutschland belegen, sind hinlänglich bekannt und die teils drastischen Konsequenzen, insbesondere in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Handwerk, offensichtlich. Um das Fachkräftepotential und den Wohlstand in Deutschland künftig zu sichern, braucht es demnach eine jährliche Nettozuwanderung von geschätzt 400.000 Personen.

Der demografische Wandel ist dabei bereits heute in der Lebensrealität von vielen Menschen spürbar angekommen. Offene Stellen bleiben unbesetzt und Kinderbetreuungseinrichtungen können ihre Kapazitäten nicht ausschöpfen. Bestimmte handwerkliche Dienstleistungen sind schwer verfügbar und die Preise hierfür steigen entsprechend. Diese Entwicklung wird sich zukünftig noch deutlich verschärfen und auf weitere Bereiche ausweiten.
In der Literatur wird in diesem Zusammenhang oftmals der Begriff War on Talents verwendet. Unabhängig davon, ob man dieser Rhetorik folgt oder nicht, ist klar, dass die (kommunale) Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund des aktuellen und kommenden Fachkräftemangels vor einer fundamentalen Herausforderung steht.

Die Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten wird dabei zunehmend als eine Möglichkeit zur Bekämpfung des Mangels gesehen. Die gewinnbringende Verknüpfung von Fachkräftemigration und Entwicklung, bei der Herkunftsländer, Zielländer und Migrierende profitieren und die oft als Triple Win bezeichnet wird, stellt sich dabei allerdings nicht automatisch ein.

Die Verletzung ethischer und rechtlicher Standards, Brain Drain und Brain Waste sind für bestimmte Migrationskanäle (z. B. im Gesundheitswesen) gut dokumentiert. Die meist als positive entwicklungspolitische Wirkung angeführten finanziellen Rücküberweisungen von Migrierenden (in ihre Herkunftsländer) ist hingegen von einer Reihe spezifischer Faktoren abhängig. Die Rekrutierung von Fachkräften und/oder Auszubildenden im Ausland ist komplex und stellt die beteiligten Akteure vor große Herausforderungen. Deshalb ist eine kohärente und interdisziplinäre Zusammenarbeit von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft unabdingbar.